Betreibung: Das Amt schaltet sich ein

Das Betreibungsverfahren regelt die Pflichten und Rechte von Schulderinnen (das sind die, die Geld schulden) und Gläubigern (die, die jemandem Geld ausgeliehen haben, respektive denen man etwas schuldet). Der Ablauf einer Betreibung, vom Zahlungsbefehl bis zum Verlustschein, wird hier erklärt. Weiter unten erfahren Sie, wie das betreibungsrechtliche Existenzminimum (BEX) berechnet wird.

Zum Einstieg kann auch dieses kurze Erklärvideo der Schuldenprävention Zürich zum Betreibungsverfahren geschaut werden.

Der Zahlungsbefehl

Hat eine Gläubigerin selbst erfolglos versucht, von Ihnen ihr Geld zu bekommen, kann sie dem Betreibungsamt den Auftrag geben, das Geld bei Ihnen einzutreiben.

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Dann erhalten Sie einen Zahlungsbefehl. Ein Zahlungsbefehl ist die letzte Aufforderung, die von der Gläubigerin geforderte Summe zu bezahlen.

Sie haben nun verschiedene Möglichkeiten:

  • Sie bezahlen den geforderten Betrag.
  • Sie kontaktieren die Gläubigerin und einigen sich mit ihr, z.B. auf Ratenzahlungen.
  • Sie erheben Rechtsvorschlag (s.u.).
  • Sie unternehmen nichts und lassen der Sache ihren Lauf. Dann wird die Gläubigerin höchstwahrscheinlich den nächsten Schritt unternehmen, sprich: die Betreibung wird fortgesetzt.

Kann der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden, erscheint irgendwann die Polizei am Wohnort oder Arbeitsplatz und überbringt ihn.

So sieht er aus, der Zahlungsbefehl.

Der Rechtsvorschlag

Rechtsvorschlag erheben heisst, Einspruch gegen die Forderung erheben. Das macht dann Sinn, wenn Sie den geforderten Betrag gar nicht oder nicht (mehr) in der ganzen Höhe schulden – und dies belegen können. Den Rechtsvorschlag müssen Sie entweder direkt beim Entgegennehmen des Zahlungsbefehls oder innerhalb von 10 Tagen direkt beim Betreibungsamt erheben. Dann muss die Gläubigerin ein Gerichtsverfahren anstreben (Rechts­öffnungs­verfahren oder ordentlicher Zivilprozess). Dort wird geklärt, wer Recht hat. Dann wird das Betreibungsverfahren entweder eingestellt (wenn Sie als Schuldner Recht erhalten haben) oder der Rechtsvorschlag wird beseitigt, es gibt eine Rechtsöffnung (wenn die Gläubigerin Recht erhalten hat).

Das Fortsetzungsbegehren / Die Pfändung

Wenn die Gläubigerin kein Geld bekommt oder Sie sich nicht mit ihr einigen konnten, dann kann sie nach 20 Tagen beim Betreibungsamt das Fortsetzungsbegehren stellen. Sie werden entweder vom Betreibungsamt vorgeladen oder zu einem angekündigten Termin zu Hause aufgesucht .

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Es wird geprüft, ob Sie pfändbares Vermögen haben. Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs werden nicht gepfändet. Das Auto wird nur dann nicht gepfändet, wenn es ein sogenanntes Kompetenzgut ist, Sie es also zum Arbeiten brauchen. Auch Ihr Eigenheim kann gepfändet werden.

Wenn mit Ihrem Vermögen die Schuld nicht bezahlt werden kann, wird Ihr betreibungsrechtliches Existenzminimum (BEX) berechnet (siehe unten). Ist Ihr Einkommen höher als dieses Existenzminimum, so veranlasst das Betreibungsamt, dass dieser «Überschuss» direkt vom Einkommen (z.B. Arbeitgeberin, Arbeitslosenkasse) ans Betreibungsamt überwiesen wird. Diesen Überschuss nennt man Pfändungsquote.

Beispiel: Anna Muster hat den Mietzins trotz Mahnungen nicht bezahlt. Ihr Vermieter hat die Pfändung ihres Lohns veranlasst. Die Arbeitgeberin von Anna Muster überweist die Pfändungsquote, den Anteil des Lohns, der über dem Existenzminimum liegt, an das Betreibungsamt. Das Betreibungsamt leitet dieses Geld dann an den Vermieter weiter.Sollte sich während der Pfändung etwas an Anna Musters finanziellen Verhältnissen ändern (mehr oder weniger Lohn, höhere oder tiefere Miete etc.), hat sie das Recht und die Pflicht, sich beim Betreibungsamt zu melden. Dies betrifft auch höhere Kosten, etwa für Zahnbehandlungen oder sonstige Gesundheitskosten. Wenn immer möglich, sollte Anna Muster das Betreibungsamt vorgängig informieren, damit das BEX vorübergehend angepasst bzw. bei bleibenden Änderungen neu berechnet werden kann.

Wird die Schuld in weniger als 12 Monaten bezahlt, ist die Pfändung beendet. Sonst wird nach einem Jahr abgerechnet. Konnte nicht alles bezahlt werden, so erhält die Gläubigerin über den Restbetrag einen Verlustschein.

Mit diesem Verlustschein kann die Gläubigerin wiederum ein Jahr lang die Pfändung verlangen. Sie haben aber auch das Recht, gewisse Zusatzkosten (z.B. notwendige Zahnbehandlungen und Gesundheitskosten) geltend zu machen, wie im Beispiel von Anna Muster beschrieben.

Merkblatt Rechte-und-Spielraeume-bei-einer-Lohnpfaendung (pdf)

Liste der pfändbaren bzw. unpfändbaren Einkommen und Gegenstände (pdf)

Sonderfall «stille Lohnpfändung»

Sollte eine Lohnpfändung nachteilig für Ihr Arbeitsverhältnis sein, können sie versuchen, Ihre Gläubiger davon zu überzeugen dass Sie den Betrag in eigener Verantwortung jeden Monat ans Betreibungsamt überweisen. Sind die Gläubiger und das Betreibungsamt einverstanden, wird Ihre Schuld nicht direkt vom Einkommen abgezogen; Ihre Arbeitgeberin erfährt nichts von der Pfändung.

Musterbrief Stille Pfändung (doc)

Eintrag im Betreibungsregister

Ihre Betreibung wird im Betreibungsregister eingetragen und ist fünf Jahre lang sichtbar. Während dieser Zeit kann der Eintrag auf folgende Arten wieder gelöscht werden:

  • Sie bezahlen die Forderung und die Gläubigerin ist einverstanden, den Eintrag löschen zu lassen.
  • Sie können beweisen, dass die Betreibung nicht gerechtfertigt ist (klare Beweise, Quittungen etc.) und reichen beim Gericht einen Antrag auf Aufhebung der Betreibung ein. (Art. 85 SchKG). Oft ist es  trotz vorliegenden Schriftstücken nicht klar, ob die Schuld besteht oder nicht. Dann müsste eine Feststellungsklage erhoben werden, entweder nach SchKG oder ZPO. Siehe auch Infos der Berner Schuldenberatung.
  • Sie erheben Rechtsvorschlag. Unternimmt die Gläubigerin nichts, können Sie nach drei Monaten die «Nichtbekanntgabe der Betreibung an Dritte» verlangen. Dann fordert das Betreibungsamt von der Gläubigerin nachzuweisen, dass sie Schritte eingeleitet hat gegen den Rechtsvorschlag. Tut sie das nicht innert 20 Tagen, wird Ihr Gesuch gutgeheissen und der Eintrag erscheint nicht mehr im Register. Dieses Vorgehen kostet Sie 40 Franken. Siehe auch hier weiterführende Infos der Berner Schuldenberatung.

Spezialfall: Betreibung nach einem Privatkonkurs

Bei der Betreibung  einer Forderung aus dem Konkurs ist es unbedingt nötig, einen Rechtsvorschlag mit dem Zusatz: «Kein neues Vermögen seit Konkurs» zu machen. Dann haben Sie das Recht auf eine andere, für Sie bessere Berechnung des Existenzminimums (siehe auch Privatkonkurs). Wenn Sie keinen Rechtsvorschlag machen, können Sie wieder bis zum Existenzminimum gepfändet werden. 

Das betreibungsrechtliche Existenzminimum 

Haben Sie Schulden und werden Sie gepfändet, rechnet das Betreibungsamt Ihr betreibungsrechtliches Existenzminimum (BEX) aus. Alles, was über diesen Betrag hinaus geht, wird gepfändet. Dieses Budget lässt Ihnen wenig Spielraum. Richtlinien für die Berechnung des BEX nach Art. 93 SchKG (pdf)

Monatlicher Grundbetrag
Der monatliche Grundbetrag umfasst das Lebensnotwendige wie Nahrung, Kleider, Wäsche, Körper-/Gesundheitspflege, Wohnungseinrichtung, Kultur, Freizeit, Strom/Gas, Telekommunikation. Dieser wird nicht gepfändet. 

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Er wird wie folgt berechnet:

für eine alleinstehende Schuldnerin Fr. 1’200.00
für einen alleinerziehenden Schuldner Fr. 1’350.00
für ein Ehepaar, zwei in einer eingetragenen Partnerschaft lebende Personen oder ein Paar mit Kindern Fr. 1’700.00
Unterhalt der Kinder  
für jedes Kind im Alter bis zu 10 Jahren Fr. 400.00
für jedes Kind über 10 Jahre Fr. 600.00

Dazu kommen Miete (hier gibts je nach Kanton Grenzwerte, wie hoch die Miete sein darf, bzw. «angemessene Mietzinse»), Krankenkassenprämien, Alimente, Unterstützungspflicht für Verwandte, Unkosten bei der Arbeitssuche und Berufskosten. Alle diese Ausgaben müssen belegt werden.

«Ich habe gelernt, die Pfändungs­rate auszurechnen.
Ich weiss Bescheid über
meine Rechte, Pflichten und Möglich­keiten!»

Die Schweizerische Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten gibt Richtlinien zur Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums heraus, die von den meisten Kantonen mehr oder weniger unverändert übernommen werden. Einzig die Kantone Aargau, Schwyz, St. Gallen und Zürich haben die Richtlinien abgeändert.

Einfaches Beispiel eines betreibungs­rechtlichen Existenz­minimums (Einpersonen­haus­halt): Einfaches Beispiel BEX (pdf)

Bitte beachten Sie: Werden Krankenkassenprämien, Miete oder Alimente nicht bezahlt, dann werden diese Beträge nicht ins Existenzminimum einberechnet. Beginnen Schuldner aber während der Pfändung die Krankenkasse, Alimente oder Miete wieder zu bezahlen, haben sie ein Anrecht auf Rückerstattung des Geldes aus dem gepfändeten Betrag. Die Kosten für ein Fahrzeug werden nur akzeptiert, wenn Sie beweisen können, dass das Auto unverzichtbar für die Arbeit ist (als Vertreterin oder bei Schichtarbeit).

Berechnen des eigenen BEX (xlsx)
Merkblatt Betreibung (pdf)
Merkblatt-Rechte-und-Spielraeume-bei-einer-Lohnpfaendung (pdf)
Liste der pfändbaren bzw. unpfändbaren Einkommen und Gegenstände (pdf)